Ein Memory-Spiel gegen das Verdrängen

Ein über 60 Quadratmeter großes Memory-Spiel lud Passanten am Residenzplatz zum Nachdenken über Salzburgs NS-belastete Straßen ein

Kein zu groß geratener Adventkalender, sondern ein Memory-Spiel mit 128 Plakaten sorgte am Mittwoch in der Altstadt für Aufsehen. Beim Residenzplatz lagen auf über 60 Quadratmetern große Memory-Karten am Boden ausgebreitet. Sie informierten über die 64 Straßennamen im Stadtgebiet, die bis heute Personen mit Verstrickungen im NS-Regime ehren. Passanten und Passantinnen waren eingeladen, die zusammengehörigen Schilder mit dem jeweiligen Foto eines Straßenschildes und der dazugehörigen historischen Information zu finden. „Die Geschichten hinter den NS-belasteten Straßennamen sind von der Politik lange genug unter den Teppich gekehrt worden“, erläutert Robert Obermair, Vorsitzender des Vereins Alpine Peace Crossing: „Diese Aktion war eine Einladung an die Salzburger und Salzburgerinnen, genauer hinzuschauen.“ Die Aktion stieß bei den Passanten auf großes Interesse. Auch Hanna Feingold, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg, besuchte die Aktion.

Hanna Feingold und Robert Obermair

64 problematische Ehrungen für NS-Akteure und -Profiteure
Nach dem aktuellen Wissensstand sind 46 Straßen und Plätze in der Mozartstadt nach prominenten NSDAP-Mitgliedern benannt – bis heute. Weitere 18 geehrte Personen waren zwar keine Parteimitglieder, aber Teil des NS-Regimes. Abseits einiger prominenter Fälle, wie der Josef-Thorak-Straße in Aigen, ist die dunkle Vergangenheit vieler belasteter Straßen wenig bekannt. So ist beispielsweise die Heinrich-Damisch-Straße in Parsch nach jenem Journalisten und Mitbegründer der Festspiele benannt, der als Sprachrohr für Antisemitismus und Nationalsozialisten diente und schon 1932 der NSDAP beitrat. „Die Rechercheergebnisse haben uns selbst erstaunt. Eines unserer Teammitglieder wohnt seit dreizehn Jahren in einer der NS-belasteten Straße, ohne es bisher zu wissen“, so Obermair.

Historikerbericht noch zu Jahresende
Der Bericht der von der Stadt Salzburg beauftragten Historikerkommission zu den Straßennamen soll noch bis Jahresende vorliegen. Darauf aufbauend muss die Salzburger Stadtpolitik nun endlich handeln. „Es liegt an der Stadtpolitik, ihre Verantwortung wahrzunehmen und nach jahrzehntelang verschleppten Debatten die überfälligen Schritte zu setzen. Das ist die Stadt den Opfern und ihren Nachkommen schuldig, aber auch den Bewohnern und Bewohnerinnen, die nicht gerne in NS-belasteten Straßen wohnen“, sagt Obermair: „Wir fordern von der Stadtpolitik, dass sie ihre Verantwortung wahrnimmt. Das heißt wo angemessen Umbenennungen vornimmt und eine historische Kontextualisierung im öffentlichen Raum sicherstellt.“

Auch die Medien berichten darüber:

Standard: „Memory“ der Nazi-Straßennamen am Salzburger Residenzplatz

Salzburger Nachrichten (1): Memory-Spiel auf dem Residenzplatz: Aktion informierte über NS-belastete Straßennamen

Salzburger Nachrichten (2): NS-belastete Straßennamen in Salzburg: Abschlussbericht kommt erst 2021

Salzburger Nachrichten (3): Memory-Spiel gegen das Verdrängen

Salzburg24: Bericht zu NS-belasteten Straßennamen erst 2021 

Salzburger Bezirksblätter (1): Gegen das Vergessen: Aufklärungsarbeit am Residenzplatz

Salzburger Bezirksblätter (2): Straßen: Die wahre Bedeutung erzählen

Salzburger Bezirksblätter (3): Straßennamen ins Licht rücken

Wiener Zeitung: Salzburger Konflikt um Straßennamen

Schon GehÖHrt? – Der ÖH-Talk: Franzi fragt nach! – Umbenennung der Salzburger NS-Straßennamen

FilesMagazin: »Man fühlt sich unwohl, wenn man in einer Straße wohnt, die nach einem Antisemiten benannt wurde«

Statements von Initiativen

Wilhelm Achleitner: Furtwängler-Park