Nachbericht: Gedenkwanderung 2024

(c) Sebastian Sillinger

Am 29. und 30. Juni fanden unsere alljährliche Gedenkwanderung und die damit einhergehenden Gedenkveranstaltungen zum nunmehr achtzehnten Mal im Salzburger Krimml statt. Wir wollen uns herzlich bei allen Teilnehmer*innen für ihr Interesse und Engagement bedanken, besonderer Dank gilt auch dem Tourismusbüro Krimml. Der folgende Text mit Bildern von Resi Lucetti und Sebastian Sillinger soll nun als Rückblick auf die Geschehnisse des Gedenkwochenendes dienen.

SAMSTAG, 29.6.2024 FRIEDENSPREISVERLEIHUNG UND DIALOGFORUM
(c) Resi Lucetti

Unsere Gedenkveranstaltungen nahmen am Samstagvormittag in der Krimmler Denkwerkstatt mit der diesjährigen Friedenspreisverleihung ihren Anfang. Geehrt wurden Heinz Tschannett und Rami Litani, die beide unserem Verein schon seit vielen Jahren verbunden sind. Unser Vorstandsmitglied Jakob Gruber würdigte zu diesem Anlass Rami Litani mit einer Laudatio und unser Ehrenpräsident Ernst Löschner widmete seinem langjährigen Freund Heinz Tschannett einige Lobesworte.

Heinz Tschannett hat sich mit unzähligen Ideen bei APC engagiert und hat sich insbesondere durch die Gewinnung von Sponsor*innen hervorgetan. Zudem organisierte der Gründer und langjährige Leiter eines Reise- und Veranstaltungsunternehmens zum zehnjährigen Jubiläum von APC eine Reise nach Israel, die den Mitreisenden das Land nähergebracht hat.

(c) Resi Lucetti

Rami Litani und seine Frau Leah leisten uns seit einigen Jahren gewichtige Hilfe bei der Vernetzung mit Zeitzeug*innen und deren Familien in Israel. Dieses große Engagement fußt auf Rami Litanis Familiengeschichte. Während des Zweiten Weltkriegs war sein Vater ein Offizier der Jewish Brigade. Rami Litanis Recherchen zur Jewish Brigade und zur jüdischen Fluchthilfeorganisation Bricha sind für unseren Verein von immenser Bedeutung.

(c) Resi Lucetti

Für das samstägliche Nachmittagsprogramm haben sich Interessierte zur Volksschule Krimml aufgemacht, wo unser Dialogforum stattfand. Dieses wurde von unserem Vereinsvorsitzenden Robert Obermair und dessen Stellvertreterin Antonia Winsauer moderiert. Eingeleitet wurde die Veranstaltung von Grußworten des Krimmler Bürgermeisters Erich Czerny sowie des Konsuls der israelischen Botschaft in Österreich Herzel Edri.

Im Zentrum des Dialogforums stand dieses Jahr parallel zur fünften Ausgabe der Alpendistel der Austrofaschismus, der in der österreichischen Erinnerungskultur weiterhin wenig Aufmerksamkeit erfährt und dessen Bedeutung in der öffentlichen Debatte noch immer kontrovers diskutiert wird.
In ihrem Impulsvortrag gab die Historikerin Charlotte Rönchen vom Institut für Historische Sozialforschung den Zuhörer*innen einen Überblick über die Geschichte des Austrofaschismus. Hierbei erklärte sie insbesondere die Entstehung des austrofaschistischen Systems, die Machtmechanismen des Regimes und die Einordnung der Dollfuß-Diktatur als Faschismus.
Anschließend zeigte die Historikerin Isolde Vogel vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands in ihrem Vortrag die antisemitische Tradition der christlichsozialen Bewegung in Österreich und kontemporäre Kontinuitäten auf. Mitunter nahm sie hierbei auf Personen wie den ehemaligen Wiener Bürgermeister Karl Lueger und andere Politiker wie der völkisch-deutschnationale Georg von Schönerer und Karl von Vogelsang Bezug.
Abschließend wurde der preisgekrönte Kurzfilm „Heldenkanzler“ von Benjamin Swiczinsky gezeigt, eine Persiflage auf Dollfuß und den Austrofaschismus. Benjamin Swiczinsky gab in der folgenden Podiumsdiskussion mit Charlotte Rönchen und Isolde Vogel – geleitet von Robert Obermair – Einblicke in seinen künstlerischen Zugang zu dieser brisanten Thematik.

(c) Resi Lucetti

Der langjährige Moderator des Dialogforums Michael Kerbler wurde schließlich noch auf besondere Weise ausgezeichnet. Durch seinen großen Einsatz für unseren Verein hat er sich um eine APC-Ehrenmitgliedschaft verdient gemacht. Michael Kerblers Dankesrede wurde durch einige Abschlussworte seines guten Freundes, unseres Ehrenpräsidenten Ernst Löschner abgerundet, der unisono mit Robert Obermair die Veranstaltung ausklingen ließ.

(c) Resi Lucetti

Musikalisch untermalt wurde das Dialogforum dieses Jahr von der Band „La Quinta Brigada“, die die Zuhörer*innen unter anderem mit spanischen Widerstandsliedern anregen konnte, wofür wir uns an dieser Stelle nochmal ausdrücklich bedanken wollen. Besonderer Dank gebührt auch dieses Jahr wieder dem Salzburger Vizebürgermeister und langjährigen Unterstützer unserer Arbeit Kay-Michael Dankl für die beeindruckende Simultanübersetzung der gesamten Veranstaltung.

 SONNTAG, 30.6.2024 ALPINE PEACE CROSSING
(c) Sebastian Sillinger

In der durchweg idyllischen Morgendämmerung haben sich rund 250 Teilnehmer*innen mit den Tauern-Taxis auf den Weg zum Krimmler Tauernhaus gemacht. Dort angekommen wurden sie wie jedes Jahr vom Wirt des Tauernhauses Friedl Geisler mit Grußworten empfangen. Nach einer einleitenden Ansprache der stellvertretenden Vorsitzenden von APC Antonia Winsauer war es dann so weit: Die achtzehnte Gedenkwanderung auf den Spuren der Flucht von 1947 begann.

Die Wandergruppe wurde auf ihrem Weg zur ersten Station von mancherlei Kühen unbekümmert zur Kenntnis genommen. Dies beruhte auf Gegenseitigkeit. Gegen 8:00 Uhr sind wir schließlich am Hain der Flucht angekommen, wo es einen ersten inhaltlichen Input gab. Matthias Schreckeis übernahm die Moderation, während sich unsere Teammitglieder Eva Bammer und Jakob Gruber um die Übersetzung bemühten. Almir Dudić stellte dort das Europahaus in Srebrenica vor, welches er betreut, und gab einen kurzen Einblick in dieses und ähnlich gelagerte Projekte, die sich der Erinnerungskultur und der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Srebrenica widmen – einer Stadt, die Spannungen und Instabilität ausgesetzt ist, einer gespaltenen Stadt, die vom Genozid gezeichnet ist.

(c) Sebastian Sillinger

Diese Gedanken reflektierend setzten wir unsere Wanderung fort, die uns nun entlang des Krimmler Achentals zur zweiten Station, der Windbachalm, führte. Dort angekommen waren es wieder Eva Bammer und Jakob Gruber, die das Wort ergriffen, um nun direkt Bezug auf die Geschehnisse der Flucht von 1947 zu nehmen und diese historisch einzuordnen. Bei der Windbachalm machte sodann auch der erste Teil unserer Gruppe kehrt, der sich für die Kurzvariante der Wanderung entschieden hatte. Der Teil der Gruppe, der sich für die Mittelvariante entschieden hatte, trat schließlich gegen 11:00 Uhr den Rückweg zum Tauernhaus an.

Der Rest der Gruppe behauptete sich nun auf dem Weg zum Tauernpass, zum höchsten Punkt der Wanderung, gegen Schneefelder und anderes herausforderndes Terrain, was auch allen souverän gelang. Der Gipfel war erreicht, womit den Teilnehmer*innen der Langvariante nun der Abstieg nach Kasern bevorstand. Doch bevor wir diesen Abstieg hier im Nachbericht wagen, soll nochmal dezidiert der Bergrettung Krimml und dem Arzt Christian Gruber gedankt werden, die unsere Wanderung begleitet und die Sicherheit der Teilnehmer*innen gewährleistet haben.

(c) Resi Lucetti

Auch dieses Jahr gelang unserer Wandergruppe mit der Zeit die Ankunft in Kasern, wo sie von Getränken und einem Buffet erwartet wurde. Mitglieder des Südtiroler Vereins Zebra trugen mit einem Vortrag über ihre vielschichtige Arbeit zu dem gelungenen Abschluss der Wanderung bei. Wir möchten uns bei den Bürgermeistern Helmut Klammer (Gemeinde Ahrntal) und Robert Steger (Gemeinde Prettau) für den schönen Empfang und die Verpflegung herzlich bedanken. 
Unsere Teilnehmer*innen machten sich nach der langen Wanderung mit Shuttle-Bussen wieder auf den Weg nach Krimml. Dem Team des dortigen Tourismusverbands, allen voran Andrea Mair, wollen wir an dieser Stelle nochmal aufrichtig für ihre großartige Unterstützung und Organisation danken, die unsere Veranstaltungen erst ermöglicht haben.

(c) Resi Lucetti

Mit diesem Nachbericht der Gedenkwanderung 2024 verabschieden wir uns in die Sommerpause. Selbstverständlich versprechen wir, uns nach ausreichender Erholung wieder ausführlich der nächsten Ausgabe der Alpendistel zu widmen. Diese wird unter dem Titel „Vergessen – Verschwiegen – Verleugnet“ Gruppen thematisieren, deren Verfolgung und Ermordung im kollektiven Gedächtnis bisher nur sehr wenig, erst sehr spät oder unzureichend Beachtung fanden.

Wir sind überaus zufrieden mit den diesjährigen Gedenkveranstaltungen und hoffen inständig, dass alle Teilnehmer*innen im Zuge dessen schöne und wertvolle Erinnerungen gesammelt haben. Auch die Planung des Alpine Peace Crossing 2025 ist bereits im Gange. Anmeldestart wird der Februar 2025 sein, unsere Gedenkveranstaltungen finden am 28. und 29. Juni 2025 statt.

Vielleicht sieht man sich nächstes Jahr in Krimml.

Text von Jakob Thuswaldner